Die Rolle von Kraftsport beim Olympischen Klettern

6 Kraftsport-Übungen für Kletterer

Der Olympische Klettersport hat sich in den letzten Jahren zu einer der faszinierendsten und anspruchsvollsten Disziplinen entwickelt. Kraftsport spielt dabei eine entscheidende Rolle für die Athleten, die nicht nur auf ihre Technik und Ausdauer, sondern auch auf immense Muskelkraft angewiesen sind. Die spezifischen Anforderungen des Kletterns erfordern eine ausgewogene Kombination aus Maximalkraft, Schnellkraft und Kraftausdauer, um die unterschiedlichen Herausforderungen der drei olympischen Disziplinen – Lead, Speed und Bouldern – erfolgreich zu meistern. In diesem Zusammenhang ist ein gezieltes Krafttraining unverzichtbar, um die Leistung zu optimieren und das Verletzungsrisiko zu minimieren. Ein tieferes Verständnis der Rolle des Kraftsports im Olympischen Klettern eröffnet Einblicke in die Trainingsmethoden, die körperlichen und mentalen Anforderungen sowie die Strategien zur Leistungssteigerung auf höchstem Niveau.

Die 3 Olympischen Disziplinen im Überblick

Bouldern: Klettern auf Absprunghöhe, gesichert durch Schaumstoffmatten. Eine spezielle Art von Bouldern sind die sogenannten Highballs.

Lead: Im Gegensatz zum Speed-Klettern, bei dem es auf die Geschwindigkeit ankommt, liegt beim Lead-Klettern der Fokus auf der Höhe, die der Kletterer erreicht. Die Route ist meist zwischen 15 und 25 Meter hoch und enthält unterschiedlich schwierige Passagen. Der Kletterer ist dabei mit einem Seil gesichert, das er während des Aufstiegs in verschiedene Zwischensicherungen einhängt. Ziel ist es, so weit wie möglich zu klettern, ohne abzustürzen. Die höchste erreichte Position wird als Wertung herangezogen.

Wichtig beim Lead-Klettern ist eine Kombination aus Ausdauer, Kraft und Technik, da die Routen oft sehr anspruchsvoll sind und eine hohe körperliche und mentale Belastung erfordern.

Speed: hier steht der Zeitaspekt im Vordergrund. 15 Meter lange Route, 5 Grad geneigt und zählt 25 Griffe und Tritte. Diese Standardisierung ermöglicht es, Zeiten direkt zu vergleichen und Rekorde aufzustellen.

Im Speed-Klettern starten zwei Kletterer gleichzeitig nebeneinander an identischen Wänden und klettern parallel zueinander. Die Zeit beginnt, sobald der Kletterer den Startknopf drückt, und endet, wenn er den oberen Sensor berührt. Die schnellste Zeit gewinnt.

Speed-Klettern erfordert extreme Schnellkraft, präzise Bewegungen und perfekte Koordination. Athleten trainieren intensiv, um ihre Geschwindigkeit und Effizienz zu maximieren, da Bruchteile von Sekunden den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen können. Schnelligkeit, Explosivität und ein perfektes Zusammenspiel von Kraft und Technik sind entscheidend, um in dieser Disziplin erfolgreich zu sein.

Antagonistentraining

Antagonistentraining ist ein essenzieller Bestandteil des Trainingsplans für Kletterer, insbesondere beim Bouldern. Durch die intensive Beanspruchung bestimmter Muskeln, die als Agonisten fungieren, werden diese stark entwickelt, während ihre Gegenspieler, die Antagonisten, oft vernachlässigt werden. Dies kann zu Haltungsfehlern führen, wie nach vorne gekippten Schultern und einem Rundrücken – einem Phänomen, das als „Kletterrundrücken“ bekannt ist.

Um ein muskuläres Ungleichgewicht zu vermeiden und eine gesunde Körperhaltung zu fördern, ist es wichtig, auch die Antagonisten gezielt zu trainieren. Dabei wird der komplexe Zusammenhang zwischen Agonisten und Antagonisten deutlich: Jeder Muskel kann je nach Bewegung als Spieler oder Gegenspieler agieren. Ein ausgewogenes Training beider Muskelgruppen ist somit entscheidend, um langfristig leistungsfähig und verletzungsfrei zu bleiben.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Antagonistentrainings beim Bouldern ist die gezielte Stärkung der oft vernachlässigten Muskelgruppen, insbesondere der Rotatorenmanschette.

Diese besteht aus vier Muskeln, die dafür sorgen, dass der Kopf des Oberarmknochens sicher in der Gelenkpfanne gehalten wird. Zwei dieser Muskeln sind der Untergrätenmuskel (Musculus infraspinatus) und der kleine Rundmuskel (Musculus teres minor), die beide eine wesentliche Rolle bei der Außenrotation des Arms spielen. Der Musculus infraspinatus ist zudem für die Abduktion und Adduktion des Arms verantwortlich, während der Musculus teres minor neben der Außenrotation auch an der Abduktion und Reversion beteiligt ist.

Zusätzlich gehören zur Rotatorenmanschette der Musculus supraspinatus und der Musculus subscapularis. Diese Muskeln sind entscheidend für die Stabilität und Beweglichkeit der Schulter und sollten daher nicht vernachlässigt werden. Ein gezieltes Training dieser Muskelgruppen kann dazu beitragen, muskuläre Dysbalancen zu vermeiden, die Haltung zu verbessern und das Risiko von Verletzungen zu reduzieren.

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Übung 1: Stelle dich frontal zum Ankerpunkt des Powerbands oder der Zugvorrichtung des Kabelzugs, mit dem ausgestreckten Arm nach vorne gerichtet. Führe deine Hand bis zur Mitte deines Oberschenkels, sodass der Handrücken zur Wand zeigt. Bringe die Hand langsam bei gestrecktem Arm zurück in die Ausgangsposition. Achte darauf, dass die Schultern unten bleiben und die Hand nur bis zur Mitte des Oberschenkels geführt wird, um ein Vorkippen der Schulter zu vermeiden. Wiederhole die Übung für beide Seiten, um effektives Adduktoren-Training und mehr Schulterstabilität zu erreichen.

Übung 2: Stelle dich seitlich zum Ankerpunkt des Powerbands oder der Zugvorrichtung des Kabelzugs, sodass deine Griffhand auf der vom Ankerpunkt abgewandten Seite ist. Stehe gerade, halte die Schultern unten und den Ellbogen eng am Körper.

Bewege deinen Unterarm seitlich von dir weg, ohne die Schultern anzuheben. Achte darauf, dass nur dein Unterarm sich bewegt und dein Ellbogen am Körper bleibt. Führe die Bewegung kontrolliert und langsam aus, um die Spannung im Band oder Kabel zu spüren. Wiederhole die Übung für beide Seiten.

Weitere Muskelgruppen, die beim Klettern zu kurz kommen sind: der Trapezmuskel (Musculus trapezius), der unter anderem für Drehbewegungen des Schulterblatts verantwortlich ist. Auch die Rautenmuskelgruppen, bestehend aus dem kleinen und großen Rautenmuskel (Musculus rhomboideus minor und major), sind entscheidend, da sie das Zurückziehen des Schulterblatts unterstützen.

Des Weiteren wird der Deltamuskel (Musculus deltoideus), der für das Anheben des Oberarms und die Stabilität des Schultergelenks zuständig ist, oft zu wenig beachtet. Der Deltamuskel besteht aus mehreren Teilen, die jeweils spezifische Bewegungen und Stabilitätsfunktionen übernehmen.

Übung 3: Bei Schulterblatt-Klimmzügen hängst du neutral an der Klimmzugstange. Dein Ziel ist es, die Schulterblätter nach unten und zueinander zu ziehen. Dabei kippt der Oberkörper leicht nach hinten, und die Brust hebt sich in Richtung der Klimmzugstange.

Übung 4: Der Reverse Butterfly ist eine Übung, um die hinteren Deltamuskeln und den unteren Teil des Trapezius zu trainieren. Für diese Übung können die Butterfly-Maschine BFM160 oder der Sling Trainer STX560 / ZTX800 verwendet werden.

Übung 5: Zum Training des mittleren und unteren Trapezius eignet sich das Rudern am Slingtrainer oder an unseren Gym Rings (GR1000). Dabei ziehst du die Arme eng am Körper entlang, hältst die Position kurz und kehrst dann zurück in die Ausgangsposition. Achte darauf, dass die Hüfte parallel zu den Griffen und um etwa 45 Grad nach hinten gelehnt ist, während die Füße fest auf dem Boden stehen.

Übung 6: Für das Training des Trizepses am Kabelzugturm führe den Armstrecker aus. Stelle dich mit leicht gebeugten Beinen vor den Turm und ziehe das Kabel von oben nach unten. Achte darauf, dass die Bewegung ausschließlich über die Ellbogen erfolgt und vermeide es, in einen Rundrücken zu fallen.

Mantle-Technik

Die Mantle-Technik am Boulderwand hat etwas vom Schwimmbad-Feeling: Du greifst nach vorne und drückst dich nach oben, wobei du versuchst, deinen Körperschwerpunkt über die Hände zu bringen. Danach führst du einen Fuß nach oben, als würdest du dich aus dem Wasser herausdrücken oder den Gipfel eines Berges erreichen. Mäntel sind eine Mischung aus koordinierter Bewegung, Flexibilität und roher Kraft, was sie aus der Perspektive des Krafttrainings besonders herausfordernd macht. Denn selbst die größte Zug- oder Druckkraft ist wenig wert, wenn es an Koordination und Flexibilität fehlt. Falls du deine Kraft gezielt verbessern möchtest, können ergänzende Übungen wie Muscle-Ups oder Kettlebell-/Sandbag-Get-Ups hilfreich sein. Diese trainieren Zug- und Druckbewegungen auf komplexere Weise als isolierte Übungen wie Dips.

Kraftsport sollte gezielt eingesetzt werden für Kletterer

Kraftsport ist für Kletterer von großer Bedeutung, da er nicht nur die physische Leistungsfähigkeit und Technik verbessert, sondern auch gezielt dazu beiträgt, Fehlstellungen entgegenzuwirken. Seit der Aufnahme des Sportkletterns in das Olympische Programm 2020 ist klar, wie wichtig eine ausgewogene Kombination aus Kraft, Technik und Koordination ist. Wir wünschen allen Athleten viel Erfolg bei den Olympischen Spielen und hoffen, dass sie ihre harte Arbeit auf der Weltbühne beeindruckend zur Geltung bringen können.